Zuletzt habe ich beschrieben, wie ich mit MintUpgrade von Sylvia zu Tara gewechselt bin. Dabei sind einige Baustellen übrig geblieben, um die ich mich nun im Nachgang kümmern muss:

  • Boot-Menü von grub wird nicht angezeigt
  • beim Einsatz des Display-Managers lightdm treten Fehler auf
  • volles Root-Verzeichnis durch viele Paketdownloads
  • Applets der Taskleiste funktionieren teilweise nicht
  • entfernte Paketquellen wieder einfügen
  • fehlende Pakete nachinstallieren um GitKraken wieder lauffähig zu machen
  • den Apache wieder korrekt konfigurieren
  • die grafischen Probleme innerhalb von Clementine beheben
  • das tägliche Boot-Backup wieder aktivieren

Das sind einige ToDos, besser ich lege gleich mal los.

Boot-Menü von grub wieder einrichten

Während der Installation wurde die Konfiguration des Bootloaders grub nach Rückfrage überschrieben. Insofern war mir bewusst, dass ich das beheben muss. Die Anpassung ist relativ schnell durchgeführt:

$ sudo vim /etc/default/grub
# If you change this file, run 'update-grub' afterwards to update
# /boot/grub/grub.cfg.
# For full documentation of the options in this file, see:
#   info -f grub -n 'Simple configuration'

GRUB_DEFAULT=0
#GRUB_TIMEOUT_STYLE=hidden
#GRUB_TIMEOUT=10
GRUB_TIMEOUT_STYLE=menu
GRUB_TIMEOUT=5
GRUB_DISTRIBUTOR=`lsb_release -i -s 2> /dev/null || echo Debian`
GRUB_CMDLINE_LINUX_DEFAULT="splash"
GRUB_CMDLINE_LINUX=""
...

Mit dieser Anpassung wird das Menü standardmäßig angezeigt und nach 5 Sekunden automatisch der erste Eintrag, also das normale Setup geladen. Damit die Einstellung übernommen wird, muss nach dem Editieren noch folgendes ausgeführt werden:

$ sudo update-grub

Nach dem Reboot zeigt sich grub wieder so, wie ich es gewohnt bin. Das war leicht :)

Probleme mit dem Light Display Manager

Weniger leicht gestalteten sich meine Baustellen hinsichtlich des Display-Managers lightdm. So gelang es mir trotz lightdm-settings nicht mein gewünschtes Hintergrundbild zu setzen. Der Eintrag in der Ini-Datei wird offenbar ignoriert.

Zudem wechselt LightDM bei Win+Rechts/Links offenbar das Terminal, wobei ich dies im Cinnamon normalerweise dafür nutze um die Fenster bei Bedarf (wie im Windows) auszurichten. Die Tastenkürzel lassen sich sicherlich irgendwo umkonfigurieren, aber da ich auch noch bei jedem Start einen Fehler im XServer gemeldet bekommen habe, war mein Vertrauen zu lightdm endgültig in Frage gestellt. Zumal ich ja schon beim Upgrade selbst Schwierigkeiten damit hatte.

Also hab ich parallel wieder mdm installiert und auf diese Weise aktiviert:

$ sudo apt install mdm
...
$ sudo dpkg-reconfigure mdm
Init.d detected. Setting up rc.d links.
Linking /usr/bin/gdmflexiserver to /usr/bin/mdmflexiserver
Wieder zu mdm wechseln.

Damit konnte ich mein bestehendes Theme wieder auswählen und der Login-Screen war auf Anhieb wieder so wie zuvor. Bleibt nur noch LightDM wieder zu deinstallieren:

$ sudo apt remove --purge lightdm lightdm-settings slick-greeter

Ordnung im Paketsystem schaffen

Ein dringendes Problem ist das angefüllte Root-Verzeichnis. Nach der Installation hatte ich nur noch 95 MB frei, was für eine Systemplatte schon ziemlich schmal ist. Hintergrund war, dass im Rahmen des Upgrades viele Pakete heruntergeladen wurden und diese Paketarchive noch als Download bereitgehalten werden. Um die Daten wieder freizugeben, reicht ein:

$ sudo apt clean

Damit sind wieder über 2 GB frei, was sich leicht mit df -h prüfen lässt:

$ df -h
Dateisystem    Größe Benutzt Verf. Verw% Eingehängt auf
udev            3,8G       0  3,8G    0% /dev
tmpfs           766M    1,6M  765M    1% /run
/dev/sda1        20G     17G  2,3G   88% /
tmpfs           3,8G    151M  3,6G    4% /dev/shm
tmpfs           5,0M    4,0K  5,0M    1% /run/lock
tmpfs           3,8G       0  3,8G    0% /sys/fs/cgroup
/dev/sdc1       917G    308G  563G   36% /backup
/dev/sdb        1,8T    969G  772G   56% /home
cgmfs           100K       0  100K    0% /run/cgmanager/fs
tmpfs           766M     36K  766M    1% /run/user/1000

Zusätzlich kann man das Paketsystem verschlanken, indem alle aktuell nicht mehr als notwendig betrachteten Pakete gelöscht werden:

$ sudo apt autoremove
Die folgenden Pakete werden ENTFERNT:
faac fonts-roboto freeglut3 g++-5 gnome-orca kate-data katepart libapparmor-perl libaudiofile1 libchromaprint0 libclang1-3.8 libcrypto++9v5 libdirectfb-1.2-9 libechonest2.3 libesd0 libevent-core-2.0-5 libfaac0 libfdk-aac0 libgtkglext1 libiso9660-10 libiso9660-8 libk3b6 libkatepartinterfaces4 libkcddb4 libkcompactdisc4 libkeybinder0 libkf5gpgmepp5 libkf5plotting5 libkonq-common libkonq5-templates libkonq5abi1 liblensfun-data liblensfun0 liblightdm-gobject-1-0 liblivemedia50 libllvm6.0:i386 liblua5.1-0 libmicrohttpd10 libmimic0 libmono-c5-1.1-cil libmonoboehm-2.0-dev libmozjs-38-0 libopencv-calib3d2.4v5 libopencv-contrib2.4v5 libopencv-features2d2.4v5 libopencv-flann2.4v5 libopencv-highgui2.4v5 libopencv-legacy2.4v5 libopencv-ml2.4v5 libopencv-objdetect2.4v5 libopencv-video2.4v5 libpodofo0.9.3 libsbsms10 libsodium18 libsrtp0 libssh-4 libva-egl1 libva-glx1 libva-tpi1 libva-wayland1 libvcdinfo0 libvigraimpex5v5 libwebpdemux1 libwildmidi1 libwine libwine:i386 libxcb-composite0 libxcb-xf86dri0 mint-backgrounds-sylvia oxygen5-icon-theme python-eyed3 python-keybinder python-magic python-pathlib ttf-dejavu-core wine1.6-amd64 wine1.6-i386:i386 wine32:i386 wine64 x11proto-dri2-dev x11proto-gl-dev

Damit wurden bei mir nochmal rund 500 MB freigegeben. Aufräumen ist immer eine gute Idee. Wenn irgendwas davon gebraucht wird, dann ist es leichter das neu zu installieren und sich auf die Abhängigkeitsbehandlung im System zu verlassen. Ob es Probleme mit Abhängigkeiten gibt, kann man übrigens so ermitteln:

david@mars ~ $ apt check
Paketlisten werden gelesen... Fertig
Abhängigkeitsbaum wird aufgebaut.       
Statusinformationen werden eingelesen.... Fertig

Zusätzliche Paketquellen hinzufügen

Bei der Installation wurden alle Paketquellen durch die Standards ersetzt und daher werden aktuell nur diese wenigen Quellen eingebunden:

$ sudo apt-get update
Ign:1 http://mirror.netcologne.de/linuxmint/packages tara InRelease
OK:2 http://mirror.netcologne.de/ubuntu bionic InRelease                                                      
OK:3 http://security.ubuntu.com/ubuntu bionic-security InRelease                                              
OK:4 http://mirror.netcologne.de/ubuntu bionic-updates InRelease                                    
OK:5 http://archive.canonical.com/ubuntu bionic InRelease                   
OK:6 http://mirror.netcologne.de/ubuntu bionic-backports InRelease          
OK:7 http://mirror.netcologne.de/linuxmint/packages tara Release
Paketlisten werden gelesen... Fertig  

Für bestimmte Anwendungen sind aber zusätzliche Quellen erforderlich, die das Setup freundlicherweise hier gesichert hat: /home/david/Upgrade-Backup/APT/

Diese Quellen muss ich nun nachtragen, damit diese Anwendungen weiterhin Updates erhalten können. Dazu hab ich mir die Einträge einzeln angeschaut und die jeweiligen Quellen wieder manuell hinzugefügt.

Teilweise bieten die Anwendungen hierzu einfach zu verwendende Erläuterungen an, z.B. bei Google Chrome, Brave, Sublime, Git-FTP, NodeJS und Steam.

Danach ergibt sich bei mir dieses Bild:

$ sudo apt-get update
Ign:1 http://mirror.netcologne.de/linuxmint/packages tara InRelease
OK:2 http://ppa.launchpad.net/git-ftp/ppa/ubuntu bionic InRelease                                                            
OK:3 http://mirror.netcologne.de/ubuntu bionic InRelease                                                                     
OK:4 http://mirror.netcologne.de/ubuntu bionic-updates InRelease                                                             
OK:5 http://mirror.netcologne.de/ubuntu bionic-backports InRelease                                                           
Ign:6 http://dl.google.com/linux/chrome/deb stable InRelease                                                                 
OK:7 http://mirror.netcologne.de/linuxmint/packages tara Release                                                             
OK:8 https://brave-browser-apt-release.s3.brave.com stable InRelease                                                         
OK:9 https://deb.nodesource.com/node_12.x bionic InRelease                                                                   
OK:10 http://dl.google.com/linux/chrome/deb stable Release                                                                   
Holen:11 http://security.ubuntu.com/ubuntu bionic-security InRelease [88,7 kB]                                               
OK:12 http://archive.canonical.com/ubuntu bionic InRelease                                                                   
OK:14 https://download.sublimetext.com apt/stable/ InRelease                                                                 
OK:15 http://repo.steampowered.com/steam precise InRelease                              
Es wurden 88,7 kB in 1 s geholt (79,7 kB/s).         
Paketlisten werden gelesen... Fertig

Fehlerhafte Applets ersetzen

Nachdem die Paketverwaltung sauber wieder aufgesetzt ist, kann ich mich um die Probleme bei einzelnen Anwendungen kümmern. Am nervigsten sind hier die Applets der Systemüberwachung, die scheinbar nicht stabil laufen. Über die Appletverwaltung habe ich zunächst alle kritischen Applets deaktiviert und deinstalliert und dann nach meinem Bedarf wieder installiert und eingerichtet.

Die Appletverwaltung in Linux Mint

Nach ein wenig Probieren fand ich ein Setup, was scheinbar stabil läuft und sich auch noch ansehnlich in der rechten oberen Ecke präsentiert:

Eine aufgeräumte Applet-Leiste

Probleme bei Anwendungen beheben

Ein wichtiges Tool für meine Entwicklung ist GitKraken. Durch das Update startete dies nicht mehr und meldete einen Fehler:

$ gitkraken 
Node started time: 1585498118568
/usr/lib/x86_64-linux-gnu/libcurl.so.4: version `CURL_OPENSSL_3' not found (required by /usr/share/gitkraken/resources/app.asar.unpacked/node_modules/nodegit/build/Release/nodegit.node)
Error: /usr/lib/x86_64-linux-gnu/libcurl.so.4: version `CURL_OPENSSL_3' not found (required by /usr/share/gitkraken/resources/app.asar.unpacked/node_modules/nodegit/build/Release/nodegit.node)
...

Auf der Website wird empfohlen hierfür libcurl3 zu installieren, aber letztlich reichte es aus einfach GitKraken selbst zu aktualisieren, damit es wieder startete.

Weiterhin funktionierten die Wine-Anwendungen nicht mehr. Wine ist immer etwas wacklig, aber ich nutze teilweise noch Anwendungen aus der Windows-Welt und hab das daher gern auch immer lauffähig. Der Grund war hier schnell gefunden:

$ wine
it looks like wine32-development is missing, you should install it.
as root, please execute "apt-get install wine32-development"

Bleibt noch Clementine. Ich bin zu diesem Musik-Player von Amarok gewechselt, weil er relativ schlank ist und eine gute Verwaltung für meine Musiksammlung mitbringt. Seit dem Update sind leider einige Icons deutlich größer als andere, was insbesondere in den Einstellungen auffällt.

Verschobene Icons in Clementine

Das ganze geht wohl auf uneinheitlich gepflegte Iconsets und eine unsaubere Behandlung in Qt zurück, die der Autor auch schon als Bug gemeldet hat. Das sieht nicht so aus, als ob hier bald eine Aktualisierung erfolgt. Eine Lösung wäre wohl ein anderes Iconset zu nutzen. Alternativ könnte ich andere Player wie Amarok oder Strawberry in Erwägung ziehen. Für den Moment habe ich entschieden damit zu leben.

(Nachtrag: Mittlerweile hab ich gelernt, dass das Problem in aktuellen Pre-Release Builds behoben ist: https://builds.clementine-player.org/ubuntu-bionic/)

Beim Audio-Player ist mir noch aufgefallen, dass nur der rechte Lautsprecher aktiv war. Aus irgendeinem Grund war die Balance komplett nach rechts verschoben, so dass links kein Ton mehr ankam. Das war leicht in den Klangeinstellungen zu beheben.

Den Apache wieder fit machen

Auch mein Apache hat beim Update einen Teil seiner Konfiguration vergessen. Das er standardmäßig läuft, kann ich verschmerzen, so viel Ressourcen sollte das nicht ziehen. Aber den Rest der Konfiguration hätte ich schon gern wieder wie vorher.

Zum Glück hat das System hier mitgedacht und meine alte Konfiguration unter /etc/apache mit dem Suffix .dpkg-old gesichert:

root@mars:/etc/apache2# ls
apache2.conf    conf-available     envvars          magic
mods-enabled    sites-available    ssl              apache2.conf.dpkg-old
conf-enabled    envvars.dpkg-old   mods-available   ports.conf
sites-enabled

Hier hab ich mich entschieden die Standard-Konfiguration entsprechend benannt im Verzeichnis liegen zu lassen und meine alte Konfiguration einfach drüber zu kopieren:

# cp apache2.conf apache2.conf.default
# cp envvars envvars.default
# cp envvars.dpkg-old envvars
# cp apache2.conf.dpkg-old apache2.conf

Nach einem Restart des Apache war dann alles wieder wie gewünscht. Eine eher überschaubare Anpassung also.

Zuletzt das Backup wieder aktivieren

Nachdem alle anderen Anwendungen auf den ersten Blick problemlos arbeiten und auch keine neuen Probleme mehr aufgetreten sind, wird es Zeit das tägliche Backup wieder zu aktivieren, damit der neue stabile Stand dann auch im Backup ist. Hierfür verwende ich eigene rsync-Scripte, die per anacron gesteuert laufen.

Damit ist das Update formell erstmal erfolgreich abgeschlossen. Insgesamt mit allen Recherchen und der Doku hier, habe ich etwa 8h damit verbracht, wobei viel Zeit für die Recherche von Themen vorab und der einzelnen kleinen Probleme, vor allem hinsichtlich LightDM verwendet wurde. Letzteres vor allem, weil ich mich in der Ecke bisher noch gar nicht weiter schlau gemacht hatte. Wieder was gelernt :)

Insgesamt bin ich ganz zufrieden. Nun gilt es die nächsten Tage und Wochen zu schauen, ob noch irgendwelche Auffälligkeiten auftreten und dann ggf. die nächsten Schritte z.B. ein Kernel-Update oder weitere Versionsschritte anzugehen.